,,Als Oskar nach Frankfurt zog“ von Helena (12)

Hi, ich heiße Oskar, bin drei Jahre alt und wohne in Frankfurt, Parkallee 10. Es ist eigentlich ungewöhnlich für einen wie mich, in der Stadt zu wohnen. Wie es dazu kam, möchte ich euch jetzt erzählen:

Vor drei Jahren, genau am 12. Februar, kam ich als kleines Eichhörnchen in einem kuscheligen Kobel zur Welt. Ich war das Jüngste von drei Kindern. Wir lebten zu fünft in einer wunderbaren Eiche: Mama, Papa, Rufus, Marie und ich. Rufus war der Älteste von uns und durfte immer alles entscheiden. Marie war die Klügste und ich war das Nesthäkchen. Wir waren alle zusammen glücklich…bis zu diesem wunderbaren Herbstmorgen. Ich spielte gerade mit meinen Geschwistern und wusste nicht, was für ein Albtraum bald mein Leben verändern würde. Dieser Albtraum begann 15 km weiter im Rathaus von Frankfurt. Der Bürgermeister Ackermann wollte eine Autobahn quer durch mein Zuhause bauen lassen! Seine Tochter Lina war dagegen, weil viele Tiere ihren Lebensraum und ihr Zuhause verlieren würden. Doch ihr Vater hörte nicht auf sie und der Bau begann!

Noch am selben Tag wurden die ersten Bäume gefällt. Am nächsten Morgen hörte ich ein lautes Brummen. War war das? Ich kletterte aus dem Nest und sprang auf den Boden. Was ich dort sah, machte mir Angst: Fünf Männer mit Kettensägen standen an unserem Baum. Einer von ihnen rief: „Baum fällt!“ Dann knackte es und es gab einen lauten Knall. Nun war alles plötzlich stumm. Der Baum lag am Boden und vier rote Puschelschwänze hingen aus dem Loch heraus, ohne sich zu rühren. Und nun begriff ich es erst: Mama, Papa und meine Geschwister waren alle tot. Ich weinte. Ich hatte meine ganze Familie auf einmal verloren. Ich wusste nicht wohin, irrte tagelang im Wald herum und versteckte mich im Laub.

Im Hause des Bürgermeisters herrschte derweil Streit. Lina hasste ihren Vater dafür, den Tieren einfach ihr Zuhause wegzunehmen. Sie war so wütend darüber, dass sie in dieser Zeit oft in den Wald ging, um ihrem Vater aus dem Weg zu gehen. Auf einen dieser Spaziergänge hatte sie mich halb erfroren gefunden. Am Anfang wollte ich mich wehren, aber mir fehlte die Kraft dazu. Sie nahm mich in einem blauen Schal eingehüllt mit nach Hause. Sie gab mir eine Flasche und umsorgte mich sehr. Die ganze Familie – sogar der Bürgermeister – kümmerte sich um mich. Bürgermeister Ackermann war so gerührt von mir, dass er die Bauarbeiten stoppte. Er sah ein, dass der Bau der Autobahn dort ein Fehler war und ernannte das Gebiet zum Naturpark Taunus.

Inzwischen war ich dank der ganzen Familie wieder zu Kräften gekommen. Eines Tages bauten sie eine kleine Klappe in ihre große Eingangstür ein. Damit konnte ich raus und rein, wann immer ich wollte.

Diesen Morgen war es dann soweit. Ich würde nach einem Jahr wieder nach draußen gehen. Es war ein schöner Tag. Ich war glücklich.

Nun bin ich endlich wieder frei. Und wenn ihr das nächste Mal ein Eichhörnchen seht, dann denkt an mich.