kein Titel https://www.wwf-jugend.de/news/1814852
Ich gehe durch die Cafe’s. Durch die Straßen meiner Stadt. Alles wirkt so durchorganisiert, so durchgetaktet. Ich sehe Menschen mit ihrer Familie, Menschen mit ihren Freunden. Ich sehe sie das Obst auf dem Markt anschauend, hoch hinaufblickend zu den historischen Gebäuden unserer Stadt, au Bücher blickend, über Preise spekulierend. Ich sehe sie mit ihren Freunden lachend, mit ihren Freunden redend. Ich sehe die unterschiedlichsten Menschen, jeden Tag. Seit ich vor 4 Monaten meinen Beruf als Industriemechaniker verloren habe und keine andere Arbeitsstelle gefunden habe, beobachte ich das Leben in meiner Stadt genauer. Ich sehe die Menschen jetzt aus einer anderen Perspektive. Ja, ich glaube, ich betrachte das Leben jetzt tiefer. Wenn ich an meinem Platz in meiner Straße sitze, sehe ich viele Menschen, die an meinem Platz vorbeilaufen. Vorbeisehen, an dem was sie nicht kennen. Was ihnen fremd und nicht nahbar erscheint. Vielleicht können sie sich mein Leben auch nur aus einer weit entfernten Perspektive vorstellen. Vielleicht hätte ich das auch getan. Weggesehen, wenn ich an meinem jetzigen Zuhause vorbeilaufen würde. Ich war damals beruflich sehr eingespannt und hatte wenig Zeit über andere Menschen nachzudenken. Über deren Leben. Über ihre Perspektive. Mich in eine völlig andere Lebensweise hineinzufühlen. So saß ich an einem Montag da. Und dachte darüber nach. Wie schnell sich mein Leben auf so intensive Weise geändert hat. Als ich damals meinen Beruf aufgrund einer Firmenschließung nicht mehr antreten konnte, war ich davon überzeugt davon wieder etwas besseres zu finden. Irgendeinen Job wird es doch geben. Doch die Realität belehrte mich eines Besseren. Nach 200 geschriebenen Bewerbungen gab ich schließlich auf. Ich sollte scheinbar keinen Beruf mehr finden. Vielleicht lag es an meinem Alter von 64 Jahren, vielleicht an dem Zeitpunkt, in dem sich die Welt gerade befand. Zu dem Zeitpunkt meiner Bewebungen befand sich das Land in einer finanziellen Krise. Die Preise stiegen und somit auch die Bezahlung der Mitarbeiter. Vorallem, wenn man sie nur noch für 3 Jahre einstellen konnte. Aus genau diesen Zeilen bildete ich mein bescheidenens finanzielles Grundgerüst. Ich sparte all mein Geld, das ich hatte. Beschränkte meinen Einkauf auf ein Minimum, was ich brauchte. Teilte in meiner freigewordenen Zeit Zeitungen aus, versuchte Magazine an Ständen zu verkaufen, die ich vor einigen Jahren erwarb. Ich hob all mein Erspartes durch eine Vetragsauflösung ab. Und doch reichte all das nicht, um mir langfristig meine Miete zu finanzieren. Und so sitze ich hier. Auf meinem ausgewählten Platz in der Innenstadt. Mitten im Herzen von Köln. Ich könnte euch viele Eindrücke erzählen. Situationen und Erlebtes aus den bisherigen 4 Monaten, meine lieben Leser. Emotionen, Gefühle, Erlebtes. Doch ich möchte euch nicht traurig machen. Ich möchte euch mit auf meine Reise nehmen. Mit auf eine Reise, die aus einer Perspektive eines obdachlosen Menschen erzählt.
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